Die juristische Grauzone, in der sich Heiler bis vor der Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 02.03.2004 bewegten, gibt es zum Glück in diesem Ausmaß nicht mehr. Der DGH e.V. war bereits vor der Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe daran beteiligt, das Bild, das die Öffentlichkeit von Heilern in Deutschland hatte (Stichwort: Quacksalber), zu verbessern. So hat der Dachverband von der ersten Stunde an einen Verhaltenskodex für seine Mitglieder verpflichtend eingeführt. Verstöße hiergegen werden von der verbandsinternen Ethik-Kommission konsequent geahndet.
Die stetige Verbesserung der Qualifikation von Heilern und Ausbildern ist eine weitere qualitätssichernde Säule des DGH e.V. Supervisionen und Fort- / Weiterbildungen sind für Heiler des Verbandes mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden.
Spätestens seit dieser Grundsatzentscheidung ist für Heiler, aber auch für staatliche Behörden verbindlich, dass zur Ausübung geistheilerischer Tätigkeit keine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz vorgesehen ist.
Die Karlsruhe-Entscheidung hat insbesondere eine deutliche Abgrenzung von geistheilerischen Tätigkeiten gegenüber heilpraktischen oder ärztlichen Tätigkeiten vorgenommen. Hiernach ist es so, dass die Arbeit von Geistheilern sich insbesondere von der schulmedizinischen oder heilpraktischen Tätigkeit dadurch unterscheidet, dass die Tätigkeit von Geistheilern religiösen Riten näher steht als die anderen beiden klassischen Heilberufe.
In diesem Zusammenhang gilt natürlich weiterhin der Grundsatz, dass ein Geistheiler keine Diagnosen stellen, Medikamente verordnen oder gezielt Krankheitssymptome behandeln darf. Gleichwohl ist ein Trend erkennbar, dass immer mehr Geistheiler sich auf bestimmte Krankheitssymptome oder Krankheitsbilder spezialisieren und dies auch in ihrem werblichen Außenauftritt versuchen darzustellen. Hierbei greifen die Vorschriften des Heilmittelwerberechtes, welches im vergangenen Jahr (2013) erheblich liberalisiert und reformiert wurde. Die insoweit stattgefundene Gesetzesreform dringt jedoch im Ergebnis nicht vollständig zu den in Deutschland tätigen Geistheilern durch, da das betreffende Gesetz insbesondere auf Heilpraktiker und Ärzte zugeschnitten ist.
Im Rahmen der beim Dachverband Geistiges Heilen e.V. geführten rechtlichen Sprechstunde fällt auf, dass insbesondere die regionalen Unterschiede in Deutschland deutlich nachzuvollziehen sind. So haben erstaunlicherweise die meisten süddeutschen Gesundheitsämter in Bezug auf die Tätigkeit von Geistheilern eine äußerst liberale Auffassung. Dies gilt insbesondere für die bayerischen Gesundheitsämter. Je weiter man sich geographisch Richtung Norden bewegt, desto mehr fällt auf, dass die dortigen Gesundheitsämter in der Regel eine sehr konservative Rechtsauffassung hinsichtlich der erlaubten oder aber auch verbotenen Tätigkeiten von Heilern haben. Regionale Unterschiede sind des Weiteren insbesondere in Ostdeutschland, aber auch in Westdeutschland deutlich zu erkennen. So sind die Gesundheitsämter in Sachsen, Brandenburg und Berlin durchweg als „heilerfreundlich“ einzustufen. Hingegen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind die Gesundheitsämter deutlich konservativer hinsichtlich ihrer Rechtsauffassung.
Das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands, Nordrhein-Westfalen, weist durchweg eine sehr konservative und strikte Haltung gegenüber Heilern auf. Eine glückliche Ausnahme bilden hier die Gerichte, denen durchaus die Grundsatzentscheidung vom 02.03.2004 bekannt ist und die des Öfteren eine liberale Auffassung gegenüber Heilern einnehmen.
Die in Nordrhein-Westfalen tätigen Gesundheitsämter sind jedoch durchweg als konservativ einzustufen. Gerade in der direkten Kommunikation mit den Gesundheitsämtern fällt auf, dass diese die Grundsatzentscheidung vom 02.03.2004 oft falsch interpretieren. So vertraten beispielsweise nahezu sämtliche Gesundheitsämter in Nordrhein-Westfalen die Auffassung,
Reiki sei nicht von der Karlsruher Entscheidung gedeckt, da ja dort nicht explizit von Reiki, sondern nur von Geistheilung die Rede war. Der DGH e.V. hatte seinerzeit bei der nordrhein-westfälischen Landesregierung angefragt, warum ihre Gesundheitsämter eine derartige Fehlinterpretation vornehmen würden. Als Antwort wurde eine bereits fünfzehn Jahre alte Entscheidung des LG Koblenz präsentiert. Die aus dem Jahre 1999 stammende Entscheidung wies tatsächlich aus, dass Reiki Ausübung der Heilkunde darstelle. Die Rechtsabteilung des DGH e.V. konnte einigen betroffenen Reiki-Meistern aus Nordrhein-Westfalen helfen, indem die betreffenden Bescheide der Gesundheitsämter auf dem Rechtsweg angegriffen wurden.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat insoweit eine wegweisende Entscheidung zum Thema Reiki erlassen, auf die sich zwischenzeitlich alle Gesundheitsämter in Nordrhein-Westfalen stützen. In der Düsseldorfer Entscheidung wird sodann auch die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die einzelnen geistigen Heilweisen, insbesondere Reiki, richtig interpretiert.
Soweit leider heutzutage die Arbeit von Geistheilern immer noch misstrauisch beäugt wird, so haben gleichwohl beispielsweise die Industrie- und Handelskammer, die Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege und auch private Versicherungsgesellschaften Geistheiler längst als zahlende Kunden wahrgenommen.
Entsprechende Beitragsbescheide der Industrie- und Handelskammern sind in Anbetracht der juristisch noch nicht sehr geklärten Situation ebenso kritisch zu sehen, wie die Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Rechtsabteilung des DGH e.V. betreut derzeit bundesweit mehrere Gerichtsverfahren. Soweit bislang Entscheidungen zu diesem Themenkomplex ergangen sind, sind diese höchst widersprüchlich und zudem sehr unterschiedlich, sowohl hinsichtlich des Ergebnisses (Beitragspflicht ja oder nein), als auch hinsichtlich der Begründung. Der DGH e.V. strebt hier eine höherinstanzliche Entscheidung, bestenfalls des Bundessozialgerichts, an um die Situation für alle Heiler endgültig und verbindlich zu klären.
Juristisch präventive Arbeit leistet der DGH e.V. dahingehend, dass seine Mitglieder im Rahmen der kostenfreien Rechtssprechstunde die Möglichkeit haben, insbesondere kritische Formulierungen im Außenauftritt prüfen zu lassen. So erreichen regelmäßig Anfragen in Bezug auf Internetauftritte, Flyer, Visitenkarten die Sprechstunde der Rechtsabteilung. Diese Arbeit ist deswegen so wichtig, da immer mehr Abmahnvereine erkannt haben, dass gerade Heiler vermehrt damit werben, sie seien in der Lage, mit bestimmten Geistheilungsmethoden bestimmte krankheitsspezifische Symptome zu kurieren. In den allermeisten Fällen sind solche Werbeaussagen jedoch nicht erlaubt. Was zudem größtenteils unbekannt ist, Ärzte und Heilpraktiker unterliegen diesbezüglich ähnlichen Beschränkungen.
Im internationalen Vergleich, insbesondere innerhalb Europas, nimmt Deutschland, was die Rechtslage für Heiler angeht, eine durchweg konservative Haltung ein. Dem DGH e.V. sind schon Fälle bekannt geworden, in denen Heiler, die beispielsweise die Geistheilungsmethode Prana anwenden, durch die bundesdeutschen Staatsanwaltschaften mit Durchsuchungsbeschlüssen behelligt wurden, da man Verstöße gegen das Heilpraktikergesetz vermutete. In aller Regel werden solche Verfahren eingestellt, doch die Schockwirkung, die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei einem Heiler auslöst, führt dazu, dass eben jene Heiler ins europäische Ausland, beispielsweise Frankreich, abwandern. Die Rechtslage dort ist diesbezüglich wesentlich liberaler.
Als „Mutterland“ der Geistheilung wird gemeinhin England (Großbritannien) angesehen. Die Heiler dort sind schon seit mehreren Jahrzenten in großen Verbänden berufsmäßig organisiert und arbeiten nahezu selbstverständlich in vielen Krankenhäusern oder kooperieren mit Arztpraxen.
Michel Jansen
Rechtsanwalt
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